Walther Rathenau Gesellschaft e.V.

Rückblick

Podiumsdiskussion »Weimar und wir? Zur Kontinuität politischer Gewalt in Deutschland«

Rückblick Podiumsdiskussion »Weimar und wir? Zur Kontinuität politischer Gewalt in Deutschland«
Podiumsdiskussion »Weimar und wir? Zur Kontinuität politischer Gewalt in Deutschland« mit Prof. Dr. Martin Sabrow, Prof. Dr. Alexander Gallus, Priv.-Doz. Dr. Franka Maubach, Prof. Dr. Mike Schmeitzner und Prof. Dr. Benjamin Ziemann (v.l.n.r). (Foto: Stiftung Topographie des Terrors)

Am 16. Juli 2024 fand unter dem Titel »Weimar und wir? Zur Kontinuität politischer Gewalt in Deutschland« im Dokumentationszentrum »Topographie des Terrors« in Berlin eine Begleitveranstaltung zur laufenden Ausstellung »Gewalt gegen Weimar. Zerreißproben der frühen Republik« statt.

In der Podiumsdiskussion gingen Prof. Dr. Alexander Gallus, Priv.-Doz. Dr. Franka Maubach, Prof. Dr. Mike Schmeitzner und Prof. Dr. Benjamin Ziemann unter der Moderation von Prof. Dr. Martin Sabrow der Frage nach möglichen Kontinuitätslinien politischer Gewalt vom frühen 20. zum frühen 21. Jahrhundert nach.

Ausgangspunkt der gut besuchten Veranstaltung war der Befund, dass auch in der Bundesrepublik Politikern und Politikerinnen immer öfter blanke Gewalt entgegenschlägt. Über pöbelhafte Anwürfe und Einschüchterung hinaus nimmt eine explizite rechtsextreme Hasskriminalität immer stärker zu. Mehr noch: Eine Blutspur rechten Terrors in der vereinigten Bundesrepublik zieht sich von Hanau und Halle bis nach Kassel und München. Im Frühjahr 2024 begann der Prozess gegen eine »Reichsbürger«-Gruppe, die der Anklage zufolge die Bundesregierung stürzen und mehrere Prominente und Politiker hinrichten wollte. »Das riecht verdammt nach Weimar“ stand im Februar 2024 auf einem Schild bei der Großdemonstration gegen rechts vor dem Berliner Reichstag. Aber ist dem wirklich so?

Rückblick Podiumsdisskusion »Weimar und wir? Zur Kontinuität politischer Gewalt in Deutschland«
Podiumsdiskussion »Weimar und wir? Zur Kontinuität politischer Gewalt in Deutschland« (Foto: Stiftung Topographie des Terrors)

Im Podiumsgespräch wurde aus unterschiedlichen Blickrichtungen gefragt, ob und inwieweit die sich aufdrängenden Parallelen zur Gewaltgeschichte der Weimarer Republik tatsächlich inhaltlich begründet sind, oder ob der Weimar-Vergleich in die Irre führt, wenn es um die heutigen Herausforderungen der Demokratie geht. Lassen sich Exponenten des rechtsextremen Lagers in der Bundesrepublik sinnvoll mit dem deutschnationalen Republikfeind Karl Helfferich vergleichen? Lassen sich Parallelen zwischen dem 1921 von anarchistischen Banden geführten »Kampf gegen die Reaktion« unter Max Hoelz und Karl Plättner zur Geschichte des Linksextremismus in der Bundesrepublik ziehen? Bildet das »braune Terrorjahr 1980« einen im gesellschaftlichen Bewusstsein zu Unrecht fast vergessenen Bezugspunkt, um die reale Gefahr politischer Gewalt in unserer Zeit zu erfassen? Oder ist der auf körperliche Versehrung fokussierte Begriff der Gewalt ohnehin ein ungeeigneter Bezugspunkt, um Fehlentwicklungen der politischen Kultur in der Demokratie angemessen zu erfassen?

So unterschiedlich die einzelnen Stellungnahmen der Diskutanten auch ausfielen, begegneten sie sich doch in der gemeinsamen Feststellung, dass in Bezug auf das Phänomen politischer Gewalt höchstens von schwachen Schatten perforierter Kontinuitätslinien von Weimar bis in die Gegenwart die Rede sein könne.

Die Veranstaltung ist auf dem YouTube-Kanal der »Topographie des Terrors« abrufbar:

6. August 2024

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